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Von der Alm bis an die Nordsee

Reisetagebuch
Vorwort

Geschafft! Nach ziemlich genau 1500 Kilometern habe ich die Grenze zu Dänemark überquert. Gerade so vor Ablauf meines Urlaubs und nur dank des Verzichts auf einen Besuch der zahlreichen Nordseeinseln, aber das war es wert! Wie es dazu kam, welche Überlegungen im Voraus nötig waren und nicht zuletzt die gewonnenen Eindrücke in dieser Zeit möchte ich in Form eines kleinen Reisetagebuchs präsentieren, welches während der Tour über Twitter kommuniziert wurde. Doch zunächst möchte ich die Zeit ein wenig weiter zurückdrehen, gerade als ich von der Nord-Süd-Querung der Hardangervidda aus Norwegen zurückkehrte.

Die Idee

Kaum zurück aus Norwegen - die Erlebnisse noch gar nicht alle verarbeitet - war die Euphorie dermaßen groß, dass wir am liebsten sofort mit der Suche nach einer weiteren Wanderung durch den hohen Norden begonnen hätten. Aufgrund der Familienplanung bei Marcel war jedoch schnell klar, dass wir 2015 keine gemeinsame Tour unternehmen würden. Wohin also mit den ganzen Urlaubstagen? Wohin mit der inneren, nach Abenteuer lechzenden Unruhe?

Nachdem solche Überlegungen dank des wiederkehrenden Alltags rasch abklangen und mich die Normalität im südbadischen Freiburg einholte, wurde während einer lauwarmen Herbstnacht mein zum Stadtrad umfunktioniertes Canyon Yellowstone gestohlen. Das Mountainbike war bereits zehn Jahre alt, lief nicht mehr hundertprozentig rund und längere Ausflüge waren eine Herausforderung für die gesamte Anatomie. Doch es hat mich auf vielen Wegen begleitet, (fast) immer wohlbehalten über Stock und Stein gebracht und es hingen einfach viele Erinnerungen an diesem Drahtesel. Der Ärger war groß! Ein neues Fahrrad musste her!

Welches Fahrrad sollte es werden? Ein einfaches Stadtrad aus dem Baumarkt? Nein, ist Geldverschwendung! Ein teures Stadtrad vom Fachhändler? Nein, ein Stadtrad über 600 Euro ist indiskutabel! Ein gebrauchtes Stadtrad vom Flohmarkt? Nein, der nächste Fahrradmarkt lag ein halbes Jahr in der Zukunft, für eBay hatte ich keinen Nerv und überhaupt bin ich bei so etwas viel zu pingelig! Ich überlegte, wie ich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden konnte und schlagartig schwirrte es durch meinen Kopf: Ein Reiserad, mit dem ich den Arbeitsweg wie auch eine Mehrtagestour bestreiten könnte!

Ende Januar war es dann soweit und ein TX-1000 zog in meine Garage ein, in der es sich gemütlich einlebte bevor es auf große Radreise aufbrechen würde. Große Radreise wohin? Das war im Januar 2015 noch völlig offen. Direkt vor der eigenen Haustür sollte die Reise beginnen. Aufsitzen und los, wie früher im wilden Westen, ohne irgendwelche Mätzchen mit Bahn oder Bus oder gar Flugzeug. Meine erste Radwanderung wollte ich in halbwegs bekannten Gefilden machen, auch um erst einmal Erfahrungen mit dieser Art des Reisens sammeln zu können. Die Schlussfolgerung daraus wurde zum Slogan der gesamten Tour: Von der Alm bis an die Nordsee. Vom größten Mittelgebirge bis zum tiefsten Flachland Deutschlands. Dass ich schlussendlich sogar skandinavische Luft schnuppern durfte habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht einmal geahnt.

Livetracking - Dabei sein ist alles!

Abgesehen davon, dass es meine erste große Radtour war, hat mich vor allem die Idee des Livetrackings fasziniert. Es ist einfach etwas anderes sich jederzeit über die aktuelle Position des Reisenden auf seiner Route informieren zu können als nur einmal am Abend eine "Mir gehts gut!"-SMS zu erhalten. Sackgassen und spontane Kursänderungen wie auch physische Hochs und Tiefs werden ungefiltert aufgezeichnet und präsentiert. Möglich ist fast alles: Von einer wetterbedingten Änderung des geplanten Streckenverlaufs bis hin zum Rahmenbruch oder einer Grippe, was zum Abbruch der gesamten Tour führen könnte. Gerade in den ersten Tagen war es für mich ein merkwürdiges Gefühl nicht genau zu wissen ob die Planung am Ende aufgeht und ich im Falle eines Scheiterns die halbe Welt dabei hätte. Okay, so viele waren es dann doch nicht, aber wenn ich das auf meine eigene Welt projiziere, meine Familie, Freunde und Kollegen, dann ist die Bezeichnung "halbe Welt" wahrlich nicht falsch.

Für alle Technikinteressierten: Die Aufzeichnung aller Parameter geschah mit einem einfachen Android-Smartphone. Mittels Locus, einem Programm zur Outdoor-Navigation, wurden diese Informationen direkt an meine Webseite gesendet, über ein PHP-Skript ausgewertet und mit Hilfe von Leaflet, einer JavaScript Programmbibliothek für interaktive Karten, visualisiert. Das alles funktioniert natürlich nur mit einer mobilen Internetverbindung, welche in Deutschland aber größtenteils vorhanden ist. Derzeit suche ich nach einer (günstigen!) Lösung, die auch auf einer Trekkingtour abseits der gewohnten Netzabdeckung einsetzbar und praktikabel ist und zumindest eine teilweise vorhandene Live-Tauglichkeit ermöglicht.

Planung und Vorbereitung

10. Mai, 20:37

Der Test: Eine Zweitagestour über 250 Kilometer mit vollem Gepäck entlang des Rheins nach Basel und zurück über Murg, Schluchsee und Feldberg war erfolgreich. Mit über 1000 Höhenmetern am zweiten Tag sollten die paar Hügel bis an die Nordsee kein Problem mehr darstellen. Allerdings waren die Wege teilweise für das Mountainbike gedacht und Schiebeaktionen über Geröllpfade unvermeidlich. Ich war selten so vollkommen fertig wie an dem Abend der Rückkehr. Nie wieder Mountainbike-Strecken mit einem vollgeladenen Reiserad von 45 Kilogramm!

14. Mai, 16:37

Radtour 2015: Von der Alm bis an die Nordsee - die Planung ist in vollem Gange... und langsam wird es ernst! Alle vier Packtaschen sind montiert, die geplante Route fertig zusammengestellt, unzählige Energieriegel zieren farbenfroh meinen Zimmerboden und das Fahrradwerkzeug ist hoffentlich komplett. Sogar der Wetterbericht kündigt angenehm gemäßigte Temperaturen an.

18. Mai, 17:12

Die Vorbereitungen verzögern sich, los gehts jetzt vermutlich am Sonntag Morgen. Taschen packen, Packlisten optimieren, letzte Checks am Reiserad... der ganze Kleinkram dauert halt.

23. Mai, 16:02

Der Vorabend ist gekommen - die Nervosität ebenfalls. Ob das auch alles klappt? Die Erfahrungen aus vorangegangenen Trekkingtouren sind definitiv hilfreich was das Packen und Abschätzen der benötigten Ausrüstungsgegenstände betrifft. Aber das Fahrrad ist neu und hat eine Speedhub-Schaltung - Wartung und Pflege sind mir damit noch völlig unbekannt. Gedankenverloren ziehe ich mir zwei Youtube-Videos zum Thema Kettenspannung und Hydraulikbremsen rein.

23. Mai, 20:21

Apropos letzte Checks: Habe soeben ein drei Millimeter großes Loch im Mantel des Hinterrads entdeckt. Ein Überbleibsel von der Testtour über den Feldberg... das spitze Steinchen war fast vollständig im Gummi verschwunden und musste vorsichtig mit einer Zirkelspitze herausoperiert werden. Prima, wie lange es wohl dauern wird, bis der erste Platten da ist?

24. Mai, 10:59

In 60 Minuten gehts endlich los Richtung Norden. Das Wetter ist perfekt und der Gaul fertig gesattelt. Schnell noch etwas Sonnenschutz auf die Haut, ein paar Brote für den ersten Tag schmieren, das Livetracking aktivieren und... es funktioniert! Locus zeichnet unentwegt die Reisedaten auf und überträgt diese an die Webseite. Hurra! Dann kann es ja losgehen!

Von der Alm bis an die Nordsee

24. Mai, 12:17

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Der Moment der Abfahrt: Vor der Garage als der Tag noch jung war und schlappe 1500 Kilometer vor mir lagen. Der erste Tag würde wahrscheinlich keine neuen Erkenntnisse bringen, zu oft bin ich die regionalen Radwege schon gefahren.

24. Mai, 14:26

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Unzählige Störche zieren die Wiesen und Felder in Baden-Württemberg. Die Nähe zum Rhein spürt man bereits - zu sehen ist er aber nicht, liegt er doch etwa vier bis fünf Kilometer westlich meiner gewählten Strecke. An den Rhein werde ich noch früh genug kommen.

24. Mai, 14:49

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Meine Bleibe für heute Nacht: Das Bell Rock im Europapark Rust ...nein Spaß! Dafür ist es noch viel zu früh. Bis Rastatt möchte ich schon noch kommen. Davon abgesehen habe ich extra mein Zelt dabei.

24. Mai, 15:41

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Größtenteils allein: Obwohl heute Sonntag ist begegne ich nur wenigen Radfahrern. Ich bin jetzt eben nicht mehr im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, nicht mehr in einer Touristenhochburg... und das ist gut so!

24. Mai, 19:52

Der erste Tag ist rum! Eine knappe Stunde vor Rastatt bin ich in einer Pension gestrandet und habe es damit gut sein lassen. Vorerst zum letzten Mal genieße ich die badische Küche zusammen mit einem kühlen Rothaus.

24. Mai, 21:40

Mist, gleich am 1. Abend ist das Livetracking fehlerhaft. Ein Blick auf die Webseite zeigt gähnende Leere in der Karte. Die Wegstrecke fehlt! Ein Übertragungsfehler? Nach einer zweistündigen OP via Smartphone und SSH war der Fehler repariert - die GPS-Daten sind gerettet! Wäre doch zu ärgerlich gewesen, wenn das Thema Livetracking bereits nach dem ersten Tag für gescheitert hätte erklärt werden müssen.

25. Mai, 11:41

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Rastatt an der Murg. Die Murg gibt es also auch als Fluss und nicht nur als Gemeinde im Landkreis Waldshut-Tiengen, nahe der Schweizer Grenze. Nach einem vernünftigen Frühstück ging es vor gut einer Stunde weiter Richtung Karlsruhe. Ungefähr 100 Kilometer habe ich mir vorgenommen, wo immer das dann sein wird. Die Übernachtungen möchte ich jeden Tag spontan wählen. Das gibt mir das stärkste Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit, und darum geht es hier ja auch.

25. Mai, 12:53

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Heiter bis wolkig: Sonnencreme wäre definitiv nicht notwendig gewesen. Das saftige Grün zu dieser Jahreszeit leuchtet aber auch ohne direkter Sonneneinstrahlung schön kräftig und macht gute Laune.

25. Mai, 14:27

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Der erste Kontakt mit dem Rhein, allerdings auf eine recht unromantische Art und Weise - auf der dicht befahrenen Maxau-Brücke in Wörth am Rhein bei Karlsruhe.

25. Mai, 15:31

Baden-Württemberg ade! Es muss vor etwa 10 Minuten gewesen sein als ich die Landesgrenze nach Rheinland-Pfalz überquert habe - ein kleines Schild auf der linken Seite, habe es bei fast 24 Kilometern pro Stunde kaum wahrgenommen. Nach Rheinland-Pfalz werden noch Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein folgen.

25. Mai, 16:11

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Nur ein Dammuferfluss: Komplexe Deichanlagen mit dichten Baumreihen versperren die Sicht auf den längsten Fluss Deutschlands. Aber alles halb so wild, denn die Abschirmung von der Binnenschifffahrt sorgt für Ruhe und Idylle.

25. Mai, 18:15

Das Pensum für den zweiten Tag war erreicht - ein See mit einer kleinen Zeltwiese hinter Lingenfeld, wenige Kilometer vor Speyer. Mehrere dunkle Wolkenfronten habe ich heute aufziehen und wieder verschwinden sehen - ohne nass zu werden. Ich frage mich, ob das bei der Front, die sich soeben am Horizont zusammenbraut, auch so sein wird. Das Gute an einem Regenguss wäre, dass er die unzähligen Mückenviecher vertreiben würde, die hier gerade in Kompaniestärke um meinem Kopf herumschwirren.

25. Mai, 21:08

Nachdem ich 30 Minuten auf den Zeltplatzwart warten musste um meine fünf Euro für Platz und Dusche zu bezahlen, fing es bereits an zu Tröpfeln. Völlig unerwartet erwies sich der Boden als steinhart und verdreifachte die Zeit des Zeltaufbaus. Ärgerlicherweise verzichtete ich aus Gewichtsgründen auf einen Hammer, so dass ich die Nägel mühsam mit den Füßen in den Boden treten musste während das Tröpfeln zu einem ausgewachsenen Regen anwuchs. Jetzt liege ich im Zelt, habe die durchnässten Klamotten neben mir ausgebreitet und lade noch ein paar Fotos auf die Webseite. Dicke Regentropfen schlagen kontinuierlich an die Zeltwand.

26. Mai, 09:31

Die halbe Nacht hat es geregnet. Kalt war es jedoch nicht und ich konnte gut schlafen in der ersten Nacht im Zelt. Gegen 8 Uhr bin ich aufgestanden, habe Isomatte, Schlafsack, Zelt und den ganzen Krempel zusammengepackt und mache mich jetzt gleich auf den Weg Richtung Ludwigshafen/Mannheim. Zum Frühstück gibt es nur zwei Müsliriegel und ein paar Kekse, aber auch die nächste Metropolregion wird alle unbekehrbaren Konsumterroristen zufriedenstellen können.

26. Mai, 10:37

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Technik-Museum Speyer: Kannte ich bisher nicht, und ensprechend überrascht war ich, als mitten im Stadtzentrum eine begehbare Boing 747 vor mir aufragte. Speyer ist eine der ältesten Städte Deutschlands, erste Siedler ließen sich hier bereits im Jahre 10 v. Chr. nieder, und diese Geschichtsträchtigkeit spürt man an vielen Ecken.

26. Mai, 12:59

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Die Vorfreude auf Mannheim hielt sich von Anfang an in Grenzen, trotz weiträumiger Umfahrung des Rheinhafens und damit der industriellen Anlagen. Umso mehr erfreut mich dieses kleine, westlich von Ludwigshafen gelegene Landschaftsschutzgebiet. Das Maudacher Bruch ist ein früherer Altrheinarm, der vor 2900 Jahren vom Rhein abgetrennt wurde.

26. Mai, 17:21

Vor einer Stunde habe ich Worms hinter mir gelassen, es war gerade Pfingstmarkt. Jetzt wird es zum Glück ruhiger. Hier ein Dorf, da ein Feld, dort ein Traktor und feuchtfröhlich schlängelt sich der Rhein durch die Landschaft. Leider ist es fast schon wieder Abend und langsam muss ich nach einem Ort zum Nächtigen Ausschau halten. Auf meiner Karte ist ein Zeltplatz etwa 20 Kilometer vor Mainz eingezeichnet. Perfekt, direkt am Rheinufer gelegen!

26. Mai, 19:48

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Nur für Dauercamper! Endlich angekommen musste ich feststellen, dass ich mein Zelt hier nicht aufbauen durfte. Nachdem ich fünf Minuten ratlos am Zaun stand empfahl mir einer der Dauercamper mich einfach auf der Wiese vor dem (übel angestaubten) Restaurant niederzulassen. Dem Besitzer sei das meist egal. Meist? Egal! Für die Weiterfahrt war es zu spät. Wildcampen direkt am Rhein, das ist mal etwas Neues. Und als mein kleines Domizil stand, ich es mir im Hocker bequem machte und der Kocher mit Käsemakkaroni vor sich hin brodelte, konnte ich mir kaum einen besseren Abend vorstellen.

26. Mai, 22:08

Die Technik funktioniert und die Investition von acht Euro in das Programm Locus hat sich bereits in den ersten drei Tagen mehr als gelohnt. Da kann Garmin einpacken! Technologisch liegt mindestens ein Jahrzehnt zwischen beiden. Nur ein wasserdichtes Smartphone wäre jetzt noch was Feines.

27. Mai, 08:55

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Wildcampen schön und gut, aber frische Brötchen oder Weck, wie man in der Pfalz sagt, müssen schon sein! Die Nacht war kühl und ruhig - bis auf die Schleppverbände auf dem Rhein! Die dröhnen beim Vorbeifahren bis der Boden wackelt. Auch in der Nacht!

27. Mai, 14:55

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Burg Rheinstein bei Bingen: Das Mittelrheintal mit seinen unzähligen Burgen und Schlössern liegt vor mir und damit einer der schönsten Abschnitte auf der gesamten Radtour. Der Urlaub hat begonnen!

27. Mai, 17:08

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Idyllisch - aber nur auf dem ersten Blick: Aufgrund der schmalen Talsohle verlaufen die Bahnlinien links und rechts des Rheins nur knapp vor den Wohnungstüren der Bürger.

27. Mai, 18:47

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Biker Herzlich Willkommen! Bevor es mit Koblenz wieder allzu großstädtisch wird entscheide ich mich lieber für einen ruhig gelegenen Zeltplatz kurz hinter Boppard und verbringe den Rest des Abends im Grünen am Ende einer Rheinschleife.

27. Mai, 20:58

Kurze Inventur: Zweitakku für die Kamera zwischen Karlsruhe und Mannheim abhanden gekommen +++ USB-Kabel bei einer Vollbremsung angeknackst - Geräte laden noch aber Kabel rutscht ständig raus, Zweitkabel hätte nicht geschadet +++ Reifen sehen aus wie zwei Jahre Downhill gefahren, der erste Platten wird kommen +++ Rohloff-Getriebe schaltet wie am ersten Tag +++ Kettenspannung hat etwas nachgelassen

28. Mai, 07:20

Was für eine Nacht - Erholung fehlgeschlagen! So sauber es hier auch sein mag, die nächtlichen Güterzüge rauben einem den tiefsten Schlaf. Kaum hat man das metallene Scheppern verarbeitet, gerade so driftet das Bewusstsein abermals Richtung Schlaf und schon poltert die nächste 800 Meter lange Stahlmasse ohne Rücksicht auf Radreisende heran.

28. Mai, 08:42

Zeit für das Frühstück: Nachdenklich sitze ich vor meinem Rührei mit Toast während ein Familienvater zu mir kommt und wissen möchte, ob das vollgepackte Fahrrad vor der Tür mir gehören würde. Begeistert stellt er mir Fragen nach meiner Herkunft, dem Ziel der Reise, was ich alles in den Packtaschen hätte... ich habe das Gefühl, er würde am liebsten zusammen mit mir weiterfahren. Na dann! In 15 Minuten geht es weiter Richtung Koblenz und Bonn.

28. Mai, 12:44

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Mittagspause nach Bewältigung des Koblenzer Hafenviertels mit Blick auf das sich bereits im Rückbau befindliche AKW Mülheim-Kärlich. Laut Karte soll es hinter Neuwied wieder etwas hübscher werden... und danach kommt Nordrhein-Westfalen.

28. Mai, 13:59

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Burg Namedy erinnert irgendwie an ein gespenstisches Spukschloss, wie in einem der ersten Farbfilme aus den Sechzigern. Tagsüber unauffällig und verlassen, nachts ein beklemmender Ort des Schreckens.

28. Mai, 16:14

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Ruine der Brücke von Remagen: Die nach General Erich Ludendorff benannte Eisenbahnbrücke stellte gegen Ende des Zweiten Weltkriegs den ersten alliierten Übergang über den Rhein dar.

28. Mai, 17:49

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Kilometer 650 des Rheins von der Quelle in den Schweizer Alpen bis hier mitten in Bonn. Und alle 100 Meter gibt es eine Markierung. Das alles ist natürlich nicht für die Radfahrer gedacht, sondern für die Schifffahrt!

28. Mai, 22:19

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Ein einsamer Trabi im tiefsten Westen! Auf dem Weg zum Mondorfer Rheinufer begegne ich diesem (immer noch fahrtüchtigen) Relikt aus vergangenen Zeiten.

29. Mai, 12:23

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Erst gegen 10 Uhr bin ich losgekommen. Bei Nieselwetter und vollständig bedecktem Himmel stehe ich jetzt im Zentrum von Köln, schaue mir den Dom an und die vielen lustigen Bauwerke hier. Leider wieder kein Fotowetter, daher spare ich mir die Aufnahmen vom Dom aus 1001 Positionen.

29. Mai, 15:48

Kleine Kurskorrektur: Ursprünglich war angedacht dem Rhein heute Lebewohl zu sagen und den direkten Weg nach Norden zu nehmen. In der Messer- und Klingenstadt Solingen angekommen gebe ich den Plan mitten durch das Herz des Ruhrpotts zu radeln auf und entscheide mich dem Rhein noch einen weiteren Tag zu widmen. Auf nach Düsseldorf!

29. Mai, 20:11

Abenteuer Übernachtungssuche: Es war bereits Abendbrotzeit während ich noch immer durch Düsseldorf düste. Wildcampen steht hier nicht zur Debatte. Kaum verlässt man die eine Metropole befindet man sich im Kern der nächsten. Zum Glück weiß ich, dass spätestens in Niedersachsen die ganz große Weite kommt. Nach 30 Minuten wilder Telefoniererei finde ich erfreulicherweise ein letztes Zimmer in Kaiserswerth.

30. Mai, 12:26

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ThyssenKrupp in Duisburg. Kann man mögen, als Fan des Steampunk zum Beispiel, muss man aber nicht. Derartige Großanlagen habe ich noch nicht gesehen. Ich beiße die Zähne zusammen und fahre weiter. Irgendwann bin ich in Ostfriesland. Bestimmt!

30. Mai, 14:43

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Ein neues Gewässer an meiner Seite: Rhein, mach's gut! Der Wesel-Datteln-Kanal wird mich bis nach Haltern am See führen und von dort geht es dann kerzengerade nach Norden, im wahrsten Sinne des Wortes. Dunkle Wolken kommen und ziehen weiter, manche entleeren sich.

30. Mai, 17:36

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Endlich frei? Ab Wesel wurde die Landschaft schlagartig attraktiver. War ich bereits in Niedersachsen? Nein, die Landesgrenze müsste weiter nördlich liegen. Noch 17 Kilometer bis Haltern, über ruppige Feldwege und einsame Dorfstraßen. Endlich frei!

30. Mai, 20:48

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Das war knapp: Es ist Samstag Abend und gleich drei Festivals finden dieses Wochenende statt, so dass sogar Zeltplätze voll waren. Als mir auch der letzte Zeltplatz keine Fläche zur Verfügung stellte hat mir ein älteres Ehepaar eine Wiese hinter ihrem Haus angeboten. Ein feiner Rasen direkt am Waldrand, wenige Kilometer hinter Haltern. Wieder Glück im Unglück gehabt!

31. Mai, 09:14

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7 Uhr 30 stand ich auf den Beinen und eine Stunde später saß ich auf dem Rad. Auf dem Bild zu sehen ist der Silbersee bei Dülmen, an dem ich gerade frühstücke. Den Wolken nach wird es heute wieder regnen. Glücklicherweise bin ich bisher von Dauer- oder Starkregen verschont geblieben und die Regenbekleidung musste noch kein einziges Mal zum Einsatz kommen.

31. Mai, 11:05

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Das Zentrum der Kleinstadt Billerbeck mit dem aufragenden Ludgerus-Dom im Hintergrund. Überhaupt zeigt sich Nordrhein-Westfalen hier im Norden von seiner schönen Seite, zu der nicht nur die rustikal gebauten Backsteinhäuser zählen, welche das Bild in den Städten dominieren.

31. Mai, 14:02

Ein merkwürdiges Krachen macht sich am Schaltwerk meines Drahtesels breit. Was kann das sein? Es ist doch nagelneu! Mit einem Platten hatte ich schon längst gerechnet, aber die Rohloff Speedhub??? Das werde ich beobachten müssen.

31. Mai, 17:14

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Auf dem Speedway Richtung Norden: Nicht alle Wege waren so geradlinig und windgeschützt wie dieser alte Bahndamm - Ergebnis: Fast 130 Kilometer an einem Tag! Dummerweise hat soeben der Regen zugenommen, so dass ich kurz vor Meppen in einem hölzernen Buswartehäuschen ausharren muss.

31. Mai, 20:38

Erstmals übernachte ich in einem Bett & Bike, einer optimalen Unterkunft für Radreisende. Hier gibt es eine abschließbare Garage mit einer Werkstatt nebenan und einen großen Heizkörper zum Trocknen der Kleidung. Sehr gut, denn inzwischen bin ich klatschnass!

31. Mai, 21:54

Morgen Abend in Emden? Es wird mal wieder Sturm und Regen angesagt, nichts Neues. Wenn also nichts Unschönes passiert, dann stehe ich morgen auf dem Friesenhügel, der mit 16 Meter höchsten Erhebung Ostfrieslands.

1. Juni, 10:37

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Moin Moin! Die erste Schleuse auf meiner Tour erinnert mich an die Flusswanderungen auf der Mecklenburgischen Seenplatte und an den Unterricht zum Sportbootführerschein. Was für ein schöner Kontrast zu den Großstädten von vor zwei Tagen!

1. Juni, 13:28

Das Krachen am Fahrrad wird lauter und häuft sich. Es ist zum Glück nicht die Schaltung sondern die Kette, die über das hintere Ritzel springt. Wenn ich das nicht rechtzeitig behebe, dann werde ich ein neues Ritzel brauchen. Bevor ich hier lange herumprobiere halte ich besser Ausschau nach einer Fahrradwerkstatt, die mir das ganze gleich noch zeigt.

1. Juni, 15:41

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Datenvolumen aufgebraucht! Jetzt ist es also soweit und das ständige Hochladen von Fotos fordert seinen Tribut. Was solls, ein neues Paket ist schnell beantragt. Kurz vor Emden klart der Himmel auf. Von freundlich möchte ich zwar noch nicht reden, aber die Tendenz stimmt.

1. Juni, 16:43

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Endlich in Ostfriesland! Dieses Prachtexemplar von einer Windmühle steht in Ditzum, einem ostfriesischen Fischer- und Hafendorf am Südufer der Unterems kurz bevor ich sie ein letztes Mal queren werde. Der gesamte Ort scheint wie aus dem Bilderbuch zu entspringen.

1. Juni, 21:55

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Ich habs gefunden! Dat OTTO Huus. Aber leider niemand daheim. Auch die Emdener Innenstadt mit ihrem Hafen und den alten Kähnen, vom roten Feuerschiff über eine Dreimastbark bis hin zum vom rauen Alltag gezeichneten Fischkutter, ist sehr sehenswert.

1. Juni, 22:18

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Der Friesenhügel in Emden. Es gibt sogar einen Bergmarathon hinauf. Die ehemalige Mülldeponie an der Normannenstraße wurde vor wenigen Jahren mit 14 Millionen Euro in mehreren Schritten rekultiviert. Das kehlige Rauschen aus einer unscheinbaren Blechhütte am Fuß des Hügels zeugt von den Gasen, die sich im Inneren des Hügels bilden und hier gebündelt und verbrannt werden.

2. Juni, 08:34

Der Tag beginnt bereits grenzwertig: Nachtsüber dominierte eine Rangierlok meinen Schlaf, dessen Führer stundenlang den Vorwärts- und Rückwärtsgang traktierte; sowie ein Kühlschrank, der unterschwellig brummend mein Bewusstsein auf Trab hielt und dem ich dann gegen zwei Uhr mit Erfolg den Stecker zog. Das Frühstück war auch nichts und trotzdem muss ich jetzt los, raus in den Regen und mir eine Fahrradwerkstatt suchen.

2. Juni, 08:55

Als ob das nicht ausreicht: Beim Befestigen der Packtaschen sticht mich eine dicke fette Wespe in die Hand, die hinter einer Schnalle hervorgekrochen kam! Da habe ich wohl jemanden beim Nickerchen gestört.

2. Juni, 09:50

Sturmböen fegen durch die Emdener Innenstadt während ich im Cafe sitze, meinen Gutschein vom Fahrrad Oltmanns einlöse und darauf warte, dass ein Mechaniker mein Excenterlager so justiert, dass die Kette wieder gespannt ist. Gleich beginnt die letzte Etappe vor der Nordsee! Das Livetracking läuft!

2. Juni, 12:01

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Hier im Norden rotieren die Windräder dreimal so schnell wie im gemäßigten Süden, und auch ich werde jetzt rotieren müssen um die verlorene Zeit im Cafe aufzuholen. Das Fahrrad läuft perfekt und den Erklärungen des Mechanikers nach zu urteilen müsste die nächste Justage in 1000 Kilometern problemlos von mir durchgeführt werden können.

2. Juni, 12:25

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Norden, Ortsteil Süderneuland I. Nur noch wenige Meter bis zur Küste. Gut, ich hätte ebenso kurz hinter Emden die Küste erstmals anfahren können, aber ich wollte die Nordseeküste unbedingt in dem Ort Norden erreichen... ich weiß selbst nicht warum.

2. Juni, 13:28

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Bin da!!! Von der Alm bis an die Nordsee! Nach ziemlich genau 1000 Kilometern liegt mir die Weite des Wattenmeeres zu Füßen! Der erste Blick über die letzte Deichanlage ist überwältigend. Weniger wegen des grauen, nassen Wetters als viel mehr des Gefühls Deutschland in seiner gesamten Länge durchfahren zu haben... fast.

2. Juni, 14:05

Und nun? Jetzt bin ich auf dem Nordseeküstenradweg, der von den Shetlandinseln beginnend küstennah durch Schottland, England, Niederlande, Deutschland, Dänemark und Schweden bis nach Bergen, Norwegen verläuft. Danach könnte man hinauf zum Nordkap fahren und über Finnland und Russland nach China und dann mit dem Schiff... ähm, ich brauche ein Sabbatical!

Von Ostfriesland bis nach Dänemark

2. Juni, 15:04

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Weiter gehts entlang der Nordseeküste! Nach meiner kleinen verrückten Träumerei, liegt wohl an der salzhaltigen Luft hier, habe ich meine Ziele mal aus realistischen Augen betrachtet und mache mich nun auf den Weg nach Dänemark. Es könnte gerade so funktionieren bevor die Zeit um ist und ich den Rückzug antreten muss.

2. Juni, 18:11

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Dank einer gehörigen Portion Rückenwind bin ich bis Neuharlingersiel gekommen. Ein typisches norddeutsches Fischerdorf, welches dem Bremer Tatort entsprungen sein könnte, mit einem urigen Hafen und dem entsprechenden Fischrestaurant dazu.

2. Juni, 18:32

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Die Friesen wissen, wie man Beruf und Familie miteinander vereint, das merkt man nicht nur an diesem Fensterschild.

3. Juni, 08:51

The Show Must Go On! Während des Frühstücks plane ich meine heutige Route und versuche entweder Bremerhaven oder Cuxhaven zu erreichen. Letzteres klappt wahrscheinlich nur, wenn ich die Fähre von Wilhelmshaven nehme und damit über den Jadebusen fahre, was einer Abkürzung von etwa 35 Kilometern entsprechen würde.

3. Juni, 11:42

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Jever - Friesisch herb!

3. Juni, 12:38

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Überall diese Windmühlen. Sogar im Zentrum von Wilhelmshaven stehen sie wie Relikte aus vergangenen Jahrhunderten einfach so neben Müller und Rewe. Wilhelmshaven ist schön! Auch wenn sich bereits der nächste Sturm an diesem überraschend sonnigen Mittwochmorgen ankündigt.

3. Juni, 12:56

Naiv wie ich bin fuhr ich kurzerhand den hiesigen Hafen an. Irgendeine Fähre wird schon fahren und mich meinem Ziel etwas näher bringen. Jetzt im Stadtzentrum, auf halbem Weg Richtung Hafen, erfahre ich durch Zufall, dass die einzige Fährverbindung über den Jadebusen noch nicht wiedereröffnet wurde. Prima! Damit scheidet Cuxhaven für heute aus.

3. Juni, 17:24

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Der Klang norddeutscher Landkreise und Orte ist doch herrlich. Bei Namen wie Wesermarsch und Nordenham spürt man regelrecht das alte Kaiserreich im Nacken.

3. Juni, 17:46

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Blick von der Weserfähre auf die Bremerhavener Skyline. Während mir der Wind um die Ohren bläst beschleicht mich zunehmend das Gefühl, dass ich heute ein zeitliches Problem bekommen werde. Aber das Wetter ist super und die Müdigkeit hält sich in Grenzen. Bremerhaven werde ich noch hinter mich bringen!

3. Juni, 21:17

Nach gut anderthalb Stunden kam das andere Ende von Bremerhaven in Sicht. Schwache Erinnerungen an westdeutsche Großstädte kamen auf und ich war froh, als mich die Radwege wieder ins Grüne führten. Nur wenige Kilometer hinter der Stadtgrenze fand ich einen Zeltplatz, auf dem mein Zelt 20 Minuten später stand und eine Tüte Pasta genüsslich vor sich hinbrodelte.

4. Juni, 08:18

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Strahlend blauer Himmel ohne Wolken, besser hat bisher kein Tag begonnen! Ich war kurz nach 7 Uhr auf und stecke gerade in den letzten Zügen des Zeltabbaus. Derweil trocknet die Sonne mein Überzelt, denn die Feuchtigkeit in den Nächten ist unangenehm hoch.

4. Juni, 11:00

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Meer im Netz: Einer der größten Fischereihäfen Deutschlands befindet sich in Cuxhaven. Ich hätte eine Nasenklammer mitnehmen sollen, so anstrengend ist die Luft.

4. Juni, 12:47

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Das Faszinierende am Radwandern: Während die meisten Radfahrer nach einer Weile zu ihrer Unterkunft umkehren müssen fahre ich einfach weiter. Heute hier und morgen da, übermorgen 200 und in einer Woche 700 Kilometer, in einem Monat 3000... die Welt ist doch ganz schön klein.

4. Juni, 15:02

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Bin in Freiburg... an der Elbe! Und ich wurde tatsächlich gerade gefragt woher ich denn komme. Als ich Freiburg antwortete war die Reaktion eher verhalten. Ich ließ natürlich ein paar Sekunden vergehen bis ich den Zusatz Breisgau anbrachte.

4. Juni, 16:18

Nachdem ich mit der Elbfähre von Wischhafen nach Glückstadt und damit von Niedersachsen nach Schleswig-Holstein übergelaufen bin setze ich jetzt meinen Weg auf der anderen Seite der Elbe fort. Die Breite des Flusses beträgt hier stattliche drei Kilometer bevor sie in Brunsbüttel in die Nordsee mündet.

4. Juni, 18:32

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Langsam muss ich mir wieder überlegen wo ich die Nacht verbringen möchte. Bis Marne möchte ich kommen, danach reicht es aber für heute! Ich bin zum ersten Mal in Schleswig-Holstein und die Ruhe und Weite auf den abgelegenen Radwegen ist genau mein Geschmack.

5. Juni, 12:19

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Ich fange schon an die Kilometer bis zur dänischen Grenze zu zählen. Etwa 140 sind es noch! Gerade eben musste ich jedoch schieben, denn mein Radweg führte mich direkt durch das Zentrum von Büsum, einem der touristischen Orte an der nordfriesischen Küste.

5. Juni, 13:23

Puuh, über 30 Grad Celsius! Nun ist die Hitze auch hier oben angekommen. Das ist kein Vergleich mit den tropischen Temperaturen, die angeblich in Freiburg herrschen sollen, mir reicht es trotzdem. Was würde ich für einen kleinen Schauer geben...

5. Juni, 14:18

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Auf dem größten deutschen Küstenschutzbauwerk, dem Eidersperrwerk bei Tönning zum Schutz vor Sturmfluten, brüten Hunderte Küstenseeschwalben auf dem Beton und ziehen die Touristen in Scharen an.

5. Juni, 15:29

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Echtes Plattdüütsch. Deutschland mit skandinavischen Anleihen. Je näher ich der Grenze zu Dänemark komme, desto nordischer scheint mir die Landschaft zu werden. Und desto mehr dreht sich der Wind zu meinen Ungunsten.

5. Juni, 18:43

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Der letzte Zeltplatz auf meiner Tour. Ein feines Fleckchen Wiese in Küstennähe vier Kilometer hinter Husum. Aber das Wichtigste: Nur 70 Kilometer vor Dänemark! Der Endspurt naht.

5. Juni, 21:04

Schon wieder! Nachdem die letzte Packung Knorr verspeist wurde, die Rechnung ist perfekt aufgegangen, sitze ich im Klappstuhl und sehe das nächste Unwetter auf mich zukommen. Der aufziehende Starkwind bläst die Seitenwände meines Zeltes auf, die Türen umliegender Wohnwagen knallen zu, es wird Zeit für den Schlafsack. Morgen möchte ich möglichst früh starten um hintenrum mehr Luft zu haben.

6. Juni, 06:36

Wach liege ich im Schlafsack herum und warte auf das Tönen des Weckers. Der Wind ist etwas zurückgegangen. Heute soll es also soweit sein und ich werde die Grenze nach Dänemark überqueren. Das ist schon ein Gefühl für sich, am Ende dieser langen Reise, die doch so schnell schon wieder vorbei ist. Aber noch nicht ganz!

6. Juni, 08:15

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Mein erster Blick aus dem Zelt traf auf eine weiße Nebelwand. Inzwischen lichten sich die Dunstschwaden allmählich und lassen vereinzelt Blicke auf die Nordsee zu.

6. Juni, 10:10

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Die sogenannten Deichbewohner: Schaf an Schaf soweit das Auge reicht, und eines muss eben das Schwarze sein ;-)

6. Juni, 11:05

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Niebüll, der letzte deutschsprachige Ort, der kein Dorf ist. Hier decke ich mich mit ausreichend Leckereien aus einer kleinen Bäckerei ein, denn es wird höchste Zeit für das Frühstück. Außerdem habe ich, wie mir gerade auffällt, gar keine dänischen Kronen im Gepäck.

6. Juni, 12:40

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Dänemark - die Grenze ist erreicht!

6. Juni, 15:23

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Højer und Tønder sind die Ortschaften, die ich in den wenigen Stunden auf der dänischen Seite kennengelernt habe. Windmühlen gibt es ebenfalls, nur von Radwegen scheint hier noch niemand gehört zu haben.

6. Juni, 17:32

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Schleswig-Holstein - Der echte Norden. Dieser Slogan wirkt! Mir fällt auf, dass sich Deutschland an seinen Grenzregionen häufig besondere Mühe gibt was die Landschaftsarchitektur betrifft. Sei es an Grenzen zu Frankreich, Tschechien oder auch Dänemark.

6. Juni, 21:47

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Original Friesengeist, genau das Richtige für den letzten Abend! Ein Spezialgetränk von der Nordseeküste, das den Magen ordentlich aufräumt. Auf dem drei Kilometer langen Spaziergang zurück zur Unterkunft versinke ich in Gedanken an die nächste Tour.

7. Juni, 09:49

Heute morgen habe ich es ruhig angehen lassen. Die Regionalbahn nach Hamburg würde stündlich am Nachmittag fahren und der Nachtzug von Hamburg nach Freiburg erst am späten Abend. Genügend Zeit also um die letzten Kilometer in Wehmut zu genießen.

7. Juni, 12:43

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Nach der Küste ist vor der Küste. Erstaunlich, wie schnell man von der Nordseeküste an die Ostseeküste gelangt. Die endlose Weite des rauhen Watts weicht den sanften Hügeln typischer Sanddünen, welche die Ostsee so besonders machen.

7. Juni, 13:22

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Ende! Flensburg ist erreicht, der letzte Kilometer geschafft. Ziemlich genau 1500 sind es geworden, eine schöne gerade Zahl, mit der man etwas anfangen kann. Hier geht es ein anderes Mal weiter, der Nordseeküstenradweg hat schließlich 5942 Kilometer insgesamt! Jetzt bleibt mir nur noch die Fahrt zum Hauptbahnhof, Fahrrad hin und her tragen, Packtaschen ab- und anschnallen und die ganze Tour in einem hoffentlich nicht so vollen Abteil Revue passieren lassen.

Fazit und Zukunft

Einige Wochen sind inzwischen ins Land gezogen, der Alltag jedoch war nach zwei Tagen wieder der Alte. Mein Fahrrad, dass mir keinen einzigen Platten aufgebürgt hat, schlummert derweil vor sich hin und wartet auf seine finale Reinigung. Die Frage, ob längere Radreisen etwas für mich sind kann ich ohne Bedenken mit JA beantworten. Immer öfter ertappe ich mich dabei wie ich mir auf Google Maps fiktive Touren zusammenklicke und vielleicht wird bereits im neuen Jahr eine von diesen fiktiven Touren in die Realität umgesetzt. Eine, die mir im Kopf herumschwirrt, ist die Fortsetzung durch Deutschland entlang der östlichen oder innerdeutschen Grenze, sozusagen auf den Spuren von Andreas Kieling. Doch jetzt soll erst einmal der Winter kommen, in dem ich das Skript für das Livetracking optimieren und die eine oder andere Skitour unternehmen möchte.